Franzi von Kempis: Anleitung zum Widerspruch. Klare Antworten auf populistische Parolen, Vorurteile und Verschwörungstheorien München: Mosaik, 2019. Broschiert, 287 Seiten – ![]() ![]() |
Die Journalistin Franzi von Kempis
liefert mit Anleitung zum Widerspruch eine weiteres Buch vor, das
helfen soll, in der Diskussion gegen Vorurteile, Falschinformationen
und Hetze überzeugen zu können. Das gelingt ihr nur bedingt. |
Das
Werk gliedert sich im Wesentlichen wie folgt:
»den Klimawandel leugnen«,
»Antisemitismus verbreiten«, »an Verschwörungstheorien glauben«, »denken, dass der Islam ihr Abendland zerstört«, »ein Problem mit Frauen oder Gender haben«, »gegen Geflüchtete hetzen«. |
Wie diskutiert man richtig? |
Den sechs Sachabschnitten sind
zwölf methodische Seiten vorgelagert. Darin kann die Journalistin nur
wenige – wenn auch wichtige – Punkte anreißen. Ich gebe zu bedenken: wenn man beispielsweise
eine konstruktive Haltung einnimmt und Aussagen der Gegenseite
akzeptiert (z.B. weil man sich da zu wenig auskennt), fassen dies die
Diskussionspartner oft als Bestätigung ihrer Position auf. Zum Prinzip der wohlwollenden Interpretation, das von Kempis anführt (S. 11) wäre sehr viel zu sagen. Leider wird es nur kurz erwähnt. |
Prinzip der wohlwollenden Interpretation [Principle of Charity] |
Dieses
Prinzip bedeutet, dass man dem Gegenüber in einer Diskussion zunächst
unterstellt, dass er Sinnvolles sagen will. Bertrand Russell sagte zum Principle of charity bezüglich dem Zeugnis anderer: „The common-sense practice is to
accept testimony unless there is a positive reason against doing so in
the particular case concerned.”
Bertrand Russell: Human Knowledge. Its Scope and Limits. London 1951 [1948], S. 206. Auch hier besteht die Gefahr, dass man zuviel zugesteht. |
Sechs Kapitel »Antworten an Menschen« |
Die sechs Hauptkapiteln zu
verschiedenen Themenbereiche haben immer denselben Aufbau. Zuerst formuliert die Autorin auf einer Seite typische Behauptungen aus dem jeweiligen Themenbereich, oft wörtlich. Beispiele
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In der Praxis besteht ein
Haupthindernis die Anleitung zum
Widerspruch
umzusetzen oft darin, dass klügere (feigere?) Leute ihre
Thesen
nicht so (klar) formulieren wie auf den Umschlagseiten und im Text
unterstellt („Es
gibt keinen Klimawandel” – „Deutschland ist eine GmbH” – „Es gibt eine
jüdische Weltverschwörung”). Sie werfen oft Tautologien oder
platte Wahrheiten in den Diskurs, denen man (zunächst) kaum widersprechen kann. Beispielsweise kann man der
Behauptung „Männer und Frauen sind von Natur aus verschieden” nur zustimmen. Da muss man wohl zu einem der methodischen Ratschlägen im Kapitel "Wie diskutiert man richtig?" greifen, nachfragen und erst mal eine angreifbare These herauslocken. Auf dem Weg dorthin gesteht man oft schon einiges zu, damit endlich eine These auf dem Tisch liegt. |
Der
Autorin ist bewusst, dass ihre sechs Bereiche nur Ausschnitte sein
können (S. 8). Gerade deshalb wäre es wichtig gewesen das
Methodenkapitel weiter auszubauen. Manchmal gibt die Autorin freilich
auch in
den Themenkapitel noch wichtige methodische Hinweise: „Soweit möglich selbst ruhig und rational bleiben, sich nicht beleidgen lassen und nicht über jedes Stöckchen springen, das einem hingehalten wird” (S. 127) |
Über einige
Ungenauigkeiten kann
man hinwegsehen So fehlt der wichtige Begriff „»false balance«–Effekt” (S. 130) im Index. Von Kempis führt „1,9 Milliarden” Beschäftigte an (S. 199) und meint wohl Millionen. Dünne Schrift ist ärgerlich Der Text war mir graphisch zu mickrig. Ich schrieb es meiner Sehschwäche zu, doch auch der Rezensent bei Spektrum.de Josef König ( ![]() |
Fazit Die sechs Themenbereiche sind gut ausgeführt. Die Behauptungen werden auf je einer Seite teils wörtlich genannt und im Text substantiell widerlegt. Die Gegenargumente werden in 367 Fussnoten akribisch belegt. In einer allgemein gehaltenen Anleitung zum Widerspruch habe ich mir aber mehr Themenfelder erwartet oder – noch besser – ein ausführlicheres Methodenarsenal gewünscht. Trotzdem ist das Buch allen an fundierter politischer Diskussion Interessierten sehr zu empfehlen. |
Man kann das erworbene Wissen
aus dem Buch gleich umsetzen und zum Können ausbauen, wenn man die
teilweise dilettantischen Besprechungen zum Buch auf amazon.de durchgeht. Sie
strotzen teilweise (!) von all dem, vor dem die Autorin warnt.
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Literatur |
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