Aurelius Augustinus: Die Bekenntnisse
des heiligen Augustinus [Confessiones] O. Bachmann, Übs. Köln: Atlas, o.J. 262 Seiten ![]() ![]() ![]() |
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Die Bekenntnisse sind eine der
frühesten Autobiografien und gleich ein Sonderfall. Augustinus schrieb sie
im Jahre 397 als Bischof von Hippo Regius (Nordafrika), also weit nach seinem
Übertritt zum Christentum (386). Einteilung Das Werk ist in 13 Bücher eingeteilt, diese wiederum in zahlreiche Kapitel. Selbst in den ersten neun Büchern, die als lebensbeschreibend aufgefasst werden können, fließen Lebensbericht und Reflexion ineinander über. Es beginnt mit Magnus es, domine, et laudabilis valde (Groß bist Du, Herr, und überaus lobenswert) [1]. Die Bücher 10 bis 13 sind philosophische Betrachtungen. Ansprechpartner der Bekenntnisse ist zwar Gott, doch dem allwissenden Gott braucht der Mensch weder etwas zu bekennen noch zu berichten. Sie richten sich also wohl mehr an den noch sündigen Leser oder an den überzeugten Christen, der Bestätigung in dieser Erbauungslektüre sucht. Er stellt sich selbst die Frage und beantwortet sie.
Im obigen Zitat wird der beabsichtigte Zweck der Niederschrift schon angeführt. Es kommt ein gewisser Läuterungs- und Bußeffekt dazu. Augustinus ist sich bewußt, daß er von seinen Ex-Freunden verlacht wird und bekennt seine Freveltaten zum Lobe des Herrn (IV, 1). Inhalt Augustinus berichtet eher beiläufig biografische Fakten. Immer wieder betont er, wie fehlerhaft sein jugendliches Treiben war und sein Leben erst Sinn bekam, als er erleuchtet wurde.
Die Verfehlungen seiner Jugendzeit führt er zurück auf
Eindringlich verabscheut Augustinus die Gladiatorenschaukämpfe. Sein Schüler Alypius verfällt den blutrünstigem Schauspiel (VI, 8). Der soghafte Voyeurismus hat hier seine frühe Niederschrift. Mehrere Abschnitte widmet Augustinus der Erörterung des freien Willens und des Bösen, hier mit der vereinbarkeit mit der Allmacht Gottes (VII, 3 ff). Ganz kurz weist Augustinus auf den privilegierten Zugang zum eigenen Ich hin: "... denn niemand weiß, was im Menschen ist, ohne der Geist" (X, 2) Vor Augustinus' eher langwierigen Bekehrungsprozeß neigte er den Manichäern [2], Epikur, den Skeptikern und dem Neuplatonismus zu. Die Schlüsselerlebnisse auf dem Weg zum Christentum
Augustinus entwirft in den letzten vier Kapiteln 10-13 eine Theorie des Geistes, der Sinne und des Gedächtnisses. In seiner Auslegung der Genesis (Kap. 11-13) betont er kosmologisch das, was ihm im eigenen Leben widerfuhr: Es werde Licht! (Moses I, 1,3). Beachtenswert Eine kleine Philosophie der Zahlen (X, 12) und seine berühmten Überlegungen zur Zeit (XI). Im XI. Buch, 10. Kapitel wirft er auch die bekannte Frage auf: "Was tat denn Gott, ehe er Himmel und Erde schuf?" Im 12. Kapitel gibt er die erste Antwort: "Nichts!", im 30. Kapitel weist er die Frage als unsinnig zurück, da es vor dem Schöpfungsakt keine Zeit gibt; das Ewige kann man nicht verstehen (XI, 11). Zur Zeit fand ich die Überlegung zur Meßbarkeit (XI, 16) innovativ. Während man bei anderen Größen, z. B. der Länge, einen Vergleichsmaßstab hat, muß man sich bei der Zeit behelfen mit Bewegung der Sandkörner, eines Pendels, den Bewegungen der Himmelskörper oder (heute) dem radioaktiven Zerfall. |
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Die Lektüre der Augustinus zeigt den
kulturellen Hintergrund der Zeit auf. Cicero: Hortensius (verschollen), III, 4; ![]() Platon Bibel, III, 5, insbesonder Paulus Hierius, IV, 14 Aristoteles, IV, 16 Helpidius, V, 11 (Flavius Rusticius Helpidius; es gibt verschiedene Redner diesen Namens, einer davon war Stadtpräfekt von Rom) Plotin, Neoplatoniker, VII, 9. |
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Auffälligkeiten
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Anmerkungen [1] Die deutschen Texte sind entweder von O. Bachmann oder von mir übersetzt. zurück [2] Manichäismus, vom Iraner Mani (ca. 216 276) begründete dualistisch-gnostische Religion, die im gesamten Mittelmeerraum und bis nach China verbreitet war. Das Licht (das Göttliche) und die Finsternis (das Böse) kämpfen miteinander. Die Seele muß sich zum Lichtreich läutern. Der Blütezeit des Manichäismus im 4. Jahrhundert folgte ein rascher Verfall. In China hielt sich der Manichäismus bis ins 14. Jahrhundert. zurück |
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Authenzität Ende des 19. Jahrhunderts wurden Zweifel an der geschichtlichen Zuverlässigkeit der Bekenntnisse angemeldet: Adolf von Harnack, evangelischer Theologe und Kirchenhistoriker (7.5. 1851 Dorpat, heute Tartu 10.6. 1930 Heidelberg); ab 1888 Professor in Berlin und Gaston Boissier (15.7.1823 Nimes 10.6.1908 Paris) wiesen auf Unstimmigkeiten im Vergleich der Bekenntnisse und der Jugendschriften Augustinus' hin. Die These war, daß sich Augustinus eher dem Neuplatonismus denn dem Christentum zuwandte. Erst in den Bekenntnissen spricht der zerknirschte Sünder, der in den Jugendschriften nicht erkennbar war. Während Karl Groß von der Glaubwürdigkeit der Bekenntnisse ausgeht (S. 8), meint Peter Habermehl in Metzlers Philosophenlexikon, daß der Bericht in den Bekenntnissen "kaum als authentisch anzusehen ist" (S. 54). Dagegen schreibt Cornelius Mayer ( * 9. März 1929,bis 1995 ordentlicher Professor für Systematische Theologie und Dogmengeschichte in Gießen) in "Augustins Denken":
Boissier, Gaston: "La conversion de saint Augustin". Revue des deux mondes 85 (1888) 43-69. Nachdruck in La fin du paganisme, Paris 1891, 339-379. Groß, Karl, Hg.: Augustinus: Bekenntnisse. Bamberg 1954. Habermehl, Peter: "Augustinus, Aurelius" in Bernd Lutz, Hg.: Metzler Philosophenlexikon. Stuttgart 1995, 53-57. Harnack, Adolf von: Augustins Konfessionen. Giessen, 1888. Nachdruck in Reden und Aufsätze, 1904, 51-79. Mann, Golo: "Augustinus. Bekenntnisse". In: Fritz J. Raddatz, Hg.: ZEIT-Bibliothek der 100 Bücher. Frankfurt 1980. S. 36-42; ![]() Mayer, Cornelius: "Augustins Denken", verfügbar als HTML und PDF; dort umfangreiches Literaturverzeichnis zu Neuplatonismus und Christentum bei Augustinus (S. 6-7). |
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Links![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
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Aurelius Augustinus:
Bekenntnisse. München: Dtv, 1997. Broschiert
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Norbert Fischer, Cornelius Mayer,
Hg. Die Confessiones des Augustinus von Hippo. Freiburg: Herder, 2004.
Broschiert
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Aurelius Augustinus:
Confessiones. Kommentar. Eine Auswahl aus den ersten zehn Büchern.
(Lernmaterialien). Aschendorff, Münster, 1987. Broschiert
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