Beweis
in
Philosophie, Logik, Naturwissenschaft und vor Gericht
Eine kurze Klarstellung – Links –
Literatur
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Naturwissenschaftlichen
Thesen oder Theorien werden oft kritisiert oder gar in Frage gestellt,
weil sie nicht bewiesen seien. Dabei wird mit der Mehrdeutigkeit des
Begriffs „Beweis” bewusst oder unbewusst unredlich umgegangen.
Hier kann nicht auf alle Beweisverfahren oder Bedeutungen des Begriffs
„Beweis” eingegangen werden. Es soll jedoch kurz auf die wichtigsten
Beweise (es fehlen z.B. der indirekte Beweis durch Widerlegung und der
Beweis durch Analogie ) genannt werden um die so oft geübte
Bedeutungsverschieberei in der Kritik leichter zu durchschauen. |
Strenger Beweis in der
Logik und Mathematik |
Mit einer
korrekten logischen Herleitung wird eine Konklusion als wahr bewiesen,
wenn die Prämissen wahr sind. Der positive Wahrheitswert überträgt sich
von den Prämissen auf die Konklusion. Die logisch korrekte Folgerung
garantiert die Wahrheit der Konklusion nur unter der Bedingung, dass
auch alle Prämissen wahr sind. Selbst dieser strenge Beweis setzt
also voraus, dass die Prämissen wahr sind (Lauth 2002, S. 31).
Alles andere ist im strengen Sinne kein Beweis, wir aber oft als
solcher bezeichnet. |
Die Induktion |
folgert von
einem oder sehr vielen Fällen auf eine Regel oder ein Gesetz. Beispiel:
- Die Sonne ging jeden Tag auf
- Induktive Folgerung: Die Sonne wird auch morgen und
an allen folgenden Tagen im Osten aufgehen.
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Die Abduktion |
oder auch
"Schluss auf die beste Erklärung" liefert eine hypothetische Erklärung
für eine bekannte Tatsache. Diese Erklärung muss sich dann den
Falsifikationsversuchen stellen. (Lauth 2002, S. 190-191). |
Juristischer Beweis |
In der
Rechtssprechung ist etwas über jeden vernünftigen Zweifel hinaus
bewiesen, wenn die Belege dafür das Gericht voll überzeugen. |
Beweise in der
Naturwissenschaft |
In der
Naturwissenschaft gibt es keine Beweise im strengen Beweissinn der
Logik oder Mathematik. Es genügt aber auch nicht wenn man – wie im
juristischen Sinne – einige Wissenschaftler von einer Hypothese
überzeugt. Die zu beweisende, besser: zu belegende These muss gut
begründet sein und bis heute nicht falsifiziert worden sein. Die zur
Begründung herangezogenen empirischen Befunden müssen empirisch
überprüfbar und wiederholbar sein.
Bewiesen ist in diesem Sinn:
- Die Form der Erde ist näherungsweise eine Kugel, die
an den Polen abgeplattet ist.
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Wie wird
mit den Bedeutungen von Beweis jongliert? |
Die Forderung nach Beweisen (im strengen Sinn!) ist eine beliebte
Taktik der radikalen Kritiker an der Evolution. So Ex-Papst Joseph
Ratzinger: „Die Evolutionstheorie ist übrigens im Labor
nicht nachstellbar und deswegen letztlich nach heutigen
wissenschaftlichen Kritierien nicht beweisbar” (siehe Position der
Katholischen Kirche zur Evolution).
Oft folgt dann im nächsten Schritt die Feststellung von Hamlet in Wilhelm
Shakespeare: Hamlet:
„There
are more things in heaven and earth, Horatio, then are dreamt of
in your philosophy.”
Oder deutsch:
»Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als unsere
Schulweisheit sich träumen lässt«
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Damit wird die Begrenztheit des Wissens festgestellt und gleich
anschließend eine –
meist hanebüchene – These aufgestellt. Dieser wird mindestens der
Wahrheitsgehalt einer naturwissenschaftlichen Theorie zugestanden
(Analogie: die naturwissenschaftliche Theorie ist unbewiesen,
die These ebenfalls). Für die These wird aber Hamlet in Anspruch
genommen, was der naturwissenschaftlichen Theorie verwehrt ist: Es gibt
vieles außerhalb der Schulweisheit = Wissenschaft. Also gibt es das in
der These Behauptete. Und flugs ist man über die naturwissenschaftliche
Theorie hinausgegangen, denn man hat ja zusätzlich Hamlet auf seiner
Seite.
- Kopernikanisches Weltbild
Auch zur Rechtfertigung der Behandlung von Galilei
Galileo durch die
Katholische Kirche wird vorgebracht, dass Galilei keinen Beweis für das
kopernikanische Weltbild erbrachte (Brandmüller 1982).
Die Theorie vom Urknall wird verworfen, weil er kein
beobacht- oder beweisbares Naturereignis, sondern ein Phantasieprodukt
sei. Hier soll dann Gott aushelfen. Unter den Tisch fällt, dass Gott
ebenfalls weder beobacht- oder beweisbar ist. Zudem wird durch das
Verschieben auf die nächste Instanz kein Problem gelöst, keine Frage
beantwortet.
Gottesgläubige stampfen damit oft in der Diskussion auf: “Du kannst mir
nicht beweisen, dass es Gott nicht gibt” und damit – sotto voce – gibt
es ihn. Der Fehlschluss folgt von der Möglichkeit auf die Existenz.
Dieser Fehlschluss ist weit verbreitet und unter “Argument aus
Nichtwissen” (“Argumentum ad ignorantiam”,
Links)
gut bekannt.
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Ein anderes
Verfahren, ohne Shakespeare zu bemühen, ist
- Die Naturwissenschaft und ihre Methodik hat viele
Defizite und läßt viele Fragen offen.
- Sie setzt aber auch vieles voraus ohne es – nicht
einmal im
naturwissenschaftlichen Sinne – beweisen zu können.
- Folgerung: Das naturwissenschaftliche Wissen beruht
auf
Vermutungen.
- Folgerung: Folglich kann man auch Vermutungen
anstellen um die
Defizite zu beheben und offene Fragen zu beantworten.
Beide Folgerungen sind falsch und inakzeptabel.
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Durch
die Feststellung „Die Naturwissenschaft kann nichts beweisen”
(im strengen Sinn!) wird motiviert, dass man dann selbst wohl
auch nicht beweisbare Thesen (jetzt in ganz allgemeinem Sinne!)
aufstellen kann und sie der naturwissenschaftlichen Theorie
gleichstellen darf.
- Diese Argumentation machte sich auch George
Bush jun. zum Intelligent
Design zu eigen:
„Why don't we teach both sides?”
-
Bill Maher, US-Talkmaster, konterte:
„You don't have
to teach both
sides if one side is a load of crap!”
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Links |
Argumentum ad ignorantiam
|
Beweis (Allgemein)
|
Beweis (Logik)
|
Beweis (Mathematik)
|
Beweis (Rechtswesen)
|
Walter Brandmüller: Galilei und
die Kirche oder Das Recht auf Irrtum |
Christian Buggisch:
Totschlag-Zitate: Mehr Dinge zwischen Himmel und Erde … 28.
4. 2011
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Deduktion
|
Galilei Galileo |
Gottesbeweise: Links und
Literatur |
Gottesbeweise und Gegenbeweise |
Armin Christian Held: Schöpfung
& Evolution. Was sagen Bibel und Biologie über die Entstehung
des Lebens? |
Anmerkungen zur Rhetorik und
informalen
Argumentationstheorie |
Steve Jones: Wie der Wal zur
Flosse kam. Ein neuer Blick auf den Ursprung der Arten |
Timothy Keller: The Reason for
God: Belief in an Age of Skepticism |
Andreas Klinksiek: Die Reise
zum Anbeginn. Kosmogonie der Ursprache |
Markus Knauff (2005):
Deduktion, logisches Denken. Beitrag für den Band C/II/8 der
Enzyklopädie der Psychologie “Denken und Problemlösen” (pdf)
|
Christian Kummer: Philosophie
der organischen Entwicklung |
Ulrich Kutschera: Streitpunkt
Evolution. Darwinismus und Intelligentes Design |
Links und Einführungsliteratur
zur Logik
|
Manfred Lütz: Gott: Eine kleine
Geschichte des Größten |
Ernst Mayr: "Evolution -
Grundfragen und Mißverständnisse" mit kritischen Folgeartikeln
|
Peter Möller: Naturwissenschaft |
Naturalistischer Fehlschluss –
Sein-Sollen Fehlschluss |
Position der Katholischen
Kirche zur Evolution |
Markus Rammerstorfer: Nur eine Illusion? Biologie und
Design
|
Anmerkungen zur Rhetorik
und
informalen Argumentationstheorie |
Johannes Rosenberg: Die
Grundlagen des Beweisens. Die Naturwissenschaften
|
Hans-Joachim Zillmer: Die
Evolutionslüge. Die Neandertaler und andere Fälschungen der
Menschheitsgeschichte. Unterdrückte Fakten. Verbotene Beweise.
Erfundene Dogmen |
Literatur |
Lauth,
Bernhard, Sareiter, Jamel (2002): Wissenschaftliche Erkenntnis. Eine
ideengeschichtliche Einführung in die Wissenschaftstheorie. Paderborn:
Mentis – Rezension |
Walton,
Douglas N. (1999): „The Appeal to Ignorance, or
Argumentum Ad Ignorantiam”. Argumentation 13, S. 367-377 – Online (pdf) |
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